Praktikumsbeginn im Guaman Poma de Ayala
5 04 2011Mein Praktikum hat gestern begonnen und ich kann zweierlei berichten: Ich versteh nichts und es ist interessant! Ja ich verstehe wirklich kaum etwas… ich kann zwar typisches Essen, Tiere, Wochentage, christliche Feiertage usw. aber so eloquent reden wie die kann ich nicht, nicht mal es wirklich verstehen. Das kann sehr frustrierend sein, auch wenn ich so langsam lerne zu erahnen, was man von mir will, nur leider will man meistens mehr als nur ein „Si“ oder „no“ als Antwort… na mal sehen, ich hoffe nächste Woche schlauer zu sein. Ich habe einige Bücher und Studien zu lesen bekommen um mich in die Projekte und die Philosophie der NGO einzuarbeiten. Ich muss zwar jedes 3. Wort nachschlagen und davon steht jedes 5. nicht im Wörterbuch, aber ich lerne doch tatsächlich täglich neue Wörter, heute zum Beispiel: Piscina (= Schwimmbad), aber davon gleich mehr.
Neben meiner Lesearbeit sind wir gestern auch raus gefahren, was allerdings einen traurigen Grund hatte. Die Armenviertel am Stadtrand von Cusco liegen hauptsächlich an den steilen Berghängen. Die starken Regenfälle in der Nacht von Samstag auf Sonntag haben im Barrio Santana dazu geführt, dass sich Schlammlawinen gelöst haben, 2 Häuser wurden mitgerissen und unter der Erde begraben. Da dies um 4h Nachts passierte, wurde mehr als 10 Leute unter dem Schutt und dem Schlamm begraben. 4 Personen konnten am Sonntag lebend geborgen werden, die 6. Leiche wurde geborgen als wir uns dort zur Besichtigung befanden. Inzwischen forderte das Unglück insgesamt 7 Tote. Wir (Chef, stellv. Chefin, Architekt, 2 Ingenieure und ich) besuchten die Unglücksstelle, da sie sich in einem Projektgebiet befand. Die Bewohner wurden bereits seit 2007 aufgefordert um zuziehen, welches doch mehr aus Perspektivlosigkeit nicht geschah als aus Willen. Die Stadt unternahm in diesem Falle nichts.
Viel Schlimmer und beeindruckender als die Unfallstelle selber waren die Geräusche: Quechua anstatt Castellano, schreiende Kinder, weinende Frauen und fluchende Männer. Dies vor allem als man die Leiche ausgrub und auf der Ablage des Polizei Pick-ups davon transportierte.
Mein heutiger Tag war etwas erfreulicher. Dienstag und Donnerstag ist man immer auswärtig bei den Projekten untwegs. So traf ich mich mit dem Architekt Dako aus meiner Abteilung/Programm „Hábitat y Ciudadanía“ also Lebensraum und Bürgerschaft schon um 8h. Zusammen mit 2 weiteren vollschlanken peruanischen Ingenieuren ging es dann auf der Rückbank des Büro- Jeeps raus aus der Stadt. Wir fuhren in die Zona Nor Occidental, einer ärmlichen Wohngegend auf der Rückseite der umgebenden Berge Cuscos. Dort betreut das Guaman Poma 2 Vivienda- Projekte: einfache Lehmhäuser welche eine spezielles Fundament besitzen um bei den starken Regenfälle das Wasser abzuhalten. Das Büro erstellte zuvor einfache Anleitungen bzw Broschüre, wie günstig und qualitativ hochwertige und traditionelle Lehmhäuser entstehen können. Die Aufgabe unserer Truppe war es heute, die Konstruktionen und die Fundamente zu begutachten und mit den Leuten über die Häuser zu sprechen. Wir begutachteten insgesamt 5 Häuser und besuchten die dort wohnenden armen indigena Familien. Leider waren die Bau-Tipps nicht immer gut umgesetzt worden und einige Erdgeschosse waren sehr feucht – wie Piscinas. Obwohl die traditionellen roten Lehmhäuser auch spannend anzuschauen waren, habe ich mich viel mehr für die Lebensumstände und die Familien interessiert. Die kinderreichen Familien lebten in einfachsten Verhältnissen, in feuchten Wohnungen mit „Erd-Boden“ und ohne fließendes Wasser (Strom gab es meistens über die nächstgelegene Straßenlaterne). Zudem schien Dienstag Waschtag zu sein, alle hatten an die 5 Bottiche mit Wäsche im Hof platziert. Überall liefen Hunde herum, die auch nicht immer ganz ungefährlich waren. So gingen die 2 Ingenieure mit ihren Schippen meisten voran und verjagten die knurrenden und kläffenden Köter, welche wohl schon mehrfach zugebissen haben. Dazwischen liefen kleine Kinder rum, die Quechua sprachen und Frauen in den typischen Trachten.
Donnerstag werden wie weitere Viviendas besichtigen, diesmal nehme ich meine richtige Kamera mit, die ich heute sehnlichst vermisst habe!!
Ansonsten haben ich neben dem Lesen von Studien und Informationsbüchern jetzt eine weitere Aufgabe bekommen. Ich soll den sich im Gebiet befindenden Park planen, der als Hauptplatz in der Lehmbausiedlung (nur vereinzelte Häuser sind Projekthäuser) fungiert und am recht steilen Hang liegt. Eine Herausforderung, aber ich freue mich drauf und es gibt tatsächlich ArchiCad 14 😉
Fotos von den Büro Ausflügen findet ihr hier.
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